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Gundrum - Eine Dorfstraße als kleine Lebensader

Das ganze Jahr herrschte Leben auf der Gundrumer Dorfstraße
 

„Das Dorf hat eine stille Macht es gibt auf seine Menschen acht“ …. so beginnt der Dichter A. Huggenberger sein Gedicht über das Dorf. Ein Dorf ist mehr oder weniger eine geschlossene Gruppen-Siedlung, die sich in verschiedenen Formen entwickelte. Wir kennen aus der Geschichte über die Entstehung der Dörfer einige Dorfformen. Das große Nachschlagewerk "Herder" nennt neben anderen Dorf­formen auch das Straßendorf, wo die Häuser regelmäßig beiderseits der Straße angelegt sind. Eine Nebenform bildet das Angerdorf mit einer Verbreitung des Dorfkerns, in dem meist die Kirche steht. Somit können wir der Entstehung nach Gundrum als ein Straßendorf bezeichnen.


Von Wien führte eine alte wichtige Reichsstraße nach Brünn, Wischau, Olmütz und weiter nach dem Osten.

 

Später, als die Österreichische Kaiserin Maria Theresia mit ihrem Gefolge auf dieser Straße einige Male nach Olmütz zog, nannte man diese Straße auch "Kaiserstraße". Im Norden von Gundrum war diese gut ausgebaute Straße immer ein frequentierter Verkehrsweg. In früheren Jahrhunderten gab es nur wenige wichtige Schotterstraßen auf denen die Reisen ob zu Fuß oder mit dem Pferd, Fuhrwerk, oder Tross statt­fanden.


Von der Entstehungsgeschichte des Dorfes Gundrum ist mir leider wenig bekannt, jedoch muss man annehmen, dass von der Reichsstraße ein Weg nach dem Süden führte, um in das südliche Gebiet Südmähren zu gelangen, zumal es dem Süden zu keine größeren Höhen zu bewältigen gab. Es muß wohl ein wichtiger Weg sowohl für das Fuß- als auch Wagen­volk gewesen sein.

 

Warum ist da in Gundrum das Mauttor erbaut worden? Im österreichischen Sprachgebrauch versteht man unter Maut eine Gebühr für Straßen oder Brücken. Das Mauttor war vermutlich auch eine Mautstelle, wo man für die Durchfahrt eine Gebühr bezahlen musste. Leider musste dieses Mauttor nach dem 1. Weltkrieg der Spitzhacke weichen.

 

Die Dorfstraße, die von der Kaiserstraße abzweigt und nach dem Süden führt und somit das südöstliche Gebiet durchquert, war eine gute Schotterstraße, auf der mancher Tross vom Norden nach dem Süden oder umgekehrt des Weges zog. Diese Dorfstraße war für Gundrum eine wichtige Lebensader. Ob Fußgänger, Fuhrwerke, Radfahrer und später motorisierte Fahrzeuge, alle waren auf die­ser Straße unterwegs. An Sonn- und Feiertagen waren es die Kirch­gänger, die zur Kirche gingen und auf dem Heimweg in kleinen Gruppen am Straßenrand einen "Ratsch" abhielten, um die Neuigkeiten gegenseitig auszutauschen.

 

Im Herbst waren die schweren Pferdefuhrwerke mit dem Zuckerrübenwagen unterwegs zur Sammelstelle an der Kaiserstraße. Auch andere Fuhrwagen waren auf der Dorfstraße zu sehen, denn galt es doch, die letzten Feldfrüchte einzufahren, um gerüstet dem Winter entgegen zu sehen. Sicherlich lag zu dieser Zeit auf der Dorfstraße viel Schmutz und Schlamm, und wenn es regnete war die Dorfstraße eine "Schmutzstrasse". 

 

Im Winter kehrte eine gewisse Ruhe ein, jedoch nicht an schneereichen Tagen, wo die Kinder ihre Schlitten zogen, um am kleinen Hügel neben der Dorfstraße in der Dorfmitte beim Prikryl oder Bulla an manchen Nachmittagen mit ihren Schlitten zu fahren. Auch Pferdeschlitten fuhren auf der Dorfstraße, die man aber schon von weitem bimmeln hörte. Es war eine ruhige und besinnliche Zeit, ein Warten auf den Frühling.


Im Frühling, wenn Leben Feld, Wiese und Garten erwachte, zog es die Bauern mit ihren Gespannen und Maschinen hinaus aufs Feld, um die Äcker zur Aussaat vorzubereiten. Es herrschte reges Treiben auf der Dorfstraße, begleitet von manchen Blicken jener Frauen, die im kleinen eingezäunten Gärtchen vor dem Bauernhaus zu arbeiten begannen, um Blumen zu säen, kleine Hecken zu grasen und für reichen Blumenschmuck im Sommer zu sorgen.


Im Sommer zur Erntezeit fuhren die schweren hochbeladenen Erntewagen das Getreide zum Dreschen in den jeweiligen Bauern­hof. Reger Fährbetrieb herrschte auf der Straße, von den Kindern beachtet und von den Austragslandwirten, die auf der Haustreppe saßen und schweigend die vorbeifahrenden Erntewägen begutachteten. Wenn ein Getreidewagen einen festgebundenen Blumenstrauß mit Feld­blumen am Wagen angebracht hatte, war dies ein Zeichen für den letzten Erntewagen, die Ernte war daheim!


So herrschte das ganze Jahr über auf der Dorfstraße reges Leben, sie war die Lebensader im Dorf Gundrum.

 

Autor: Martin Ribnitzky