Saatenreiten

Einer der Osterbräuche in der Wischauer Sprachinsel war das Saatenreiten. Am Ostermontag ganz in der Frühe wurden die Pferde besonders schön herausgeputzt. Die Mähne und der Schwanz wurden des Öfteren durchgekämmt, die Hufe mit Wagenschmiere eingerieben und das Halfter und der Bauchriemen mit schwarzer Schuhcreme auf Hochglanz poliert. Eine besonders schöne Decke wurde dem Pferd übergelegt und mit dem Bauchriemen festgeschnallt. Manche benutzten auch schon Steigbügel, die allerdings nur über den Rücken des Pferdes gelegt wurden. Reitsättel wurden für die schweren Bauernpferde nicht verwendet.

 

Um 9.00 Uhr versammelten sich die Reiter, ungefähr 20 bis 30 an der Zahl, vor der Kirche. Der Vorreiter bei uns in Lissowitz war, solange ich mich zurückerinnern kann, immer Anton Schickl aus Haus Nummer 12. Herr Pfarrer und seine vier Ministranten standen bereits zwischen der weit geöffneten Kirchentüre und der Pfarrer hielt ein großes Kreuz in der Hand. Der Vorreiter stieg von seinem Pferd ab und ging durch das Spalier, das von den Angehörigen der Pfarrgemeinde gebildet wurde, zum Pfarrer. Während dieses Weges gab ihm ein Kirchenrat eine große Osterkerze in die Hand. Zu den anderen Reitern sprach er dabei die folgenden Worte: „Auf Kameraden, lasst uns schreiten zu dem heurigen Saatenreiten.“

reiten

Und daraufhin zum Herrn Pfarrer gewandt: „Gebt Hochwürden zu dem Ritt uns dieses Kreuz hier mit. Für dieses Jahr zum Gedenken, lasst Euch von uns die Kerze schenken. Bedeuten soll für uns das Licht, dass auch in Männerherzen Glaube sei und Pflicht.“
 

Anschließend ging der Pfarrer zu den Reitern und besprengte jeden Reiter und sein Pferd mit Weihwasser. Der Vorreiter mit dem Kreuz setzte sich an die Spitze des Zuges und so ritten sie einen Teil der Dorf-Fluren ab. Der Weg über die Fluren wurde jedes Jahr gewechselt.
 

Als die Reiterschar nach ungefähr einer Stunde zur Kirche zurückkam, wurden sie wieder vom Pfarrer empfangen. Dieser hatte in der Zwischenzeit mit der Kirchengemeinde den Rosenkranz gebetet. Aus Sicherheitsgründen hat der Vorreiter diesmal einen größeren Abstand zur Kirche gehalten. Er rief den Reitern zu: „Sitzt ab, ihr Reiter, die Osterglocken erklingen, wir wollen nun in unserem Heimatkirchlein das Halleluja singen.“


Zusammen gingen alle Reiter in die Kirche, stellten sich im Mittelgang auf und feierten mit der ganzen Gemeinde die Ostermesse. Diese Messe wurde vom Kirchenchor und der Musikkapelle feierlich umrahmt. Die Pferde wurden von den Besitzern (Vätern und älteren Bauern) nach Hause gebracht. Nach der Messe war man durstig und so traf man sich zum Frühschoppen im Wirtshaus.

 

(Hannes Czapka und Elisabeth Schickl, früher Lissowitz)